Frauen und Führung: 
Aktuelle Studie auf den Punkt gebracht 

“Who run the world? Girls!” 

Wir schreiben das Jahr 2003 und Queen B. empowert Frauen weltweit. Man mag meinen, endlich sind Frauen und Männer gleichgestellt. Doch während Queen B die Kraft weiblicher Führung zelebrierte, zeichnet die Realität in deutschen Chefetagen ein anderes Bild. Trotz jahrzehntelanger Debatten und vereinzelter Fortschritte bleibt die "gläserne Decke" für viele Frauen eine hartnäckige Barriere auf dem Weg nach oben.

Und noch viel schlimmer: Die Zukunftsprognosen sehen schwarz aus. Es gibt nicht nur keinen Fortschritt, sondern weltweit gehen die Zahlen von Frauen in Führungspositionen zurück. Die jüngste Fortune Global 500-Liste zeichnet ein düsteres Bild: 472 der 500 größten Unternehmen weltweit werden von Männern geführt - eine Zahl, die im Vergleich zum Vorjahr sogar gestiegen ist. Das bedeutet, dass nahezu 95% dieser Unternehmen und damit ein Drittel des globalen Einkommens unter männlicher Führung stehen.

Das Fazit ist also: “Who run the world? Man!” 

Diese erschreckenden Zahlen werfen ein Schlaglicht auf die hartnäckige Realität der "gläsernen Decke". Frauen, die es trotz aller Widerstände an die Spitze schaffen, sehen sich oft jahrzehntelang mit tief verwurzelten Geschlechtervorurteilen und systemischen Barrieren konfrontiert. Für Frauen aus marginalisierten ethnischen Gruppen sind diese Hürden noch höher. Und selbst wenn Frauen den Sprung in die Position der Geschäftsführerin schaffen, bleiben sie dort durchschnittlich nur fünf Jahre - im Vergleich zu acht Jahren bei ihren männlichen Kollegen.

In einer Zeit, in der Diversität und Gleichberechtigung in aller Munde sind, stellt sich die Frage: Warum erleben wir diesen alarmierenden Rückschritt? Und wie sieht die Situation speziell in Deutschland aus, Europas Wirtschaftsmotor? Dieser Artikel bringt alle aktuellen Studien auf den Punkt: Wie steht es in Deutschland mit dem Thema Frauen und Führung? Warum Frauen unabdinglich für die deutsche Wirtschaft sind und unter welchen Bedingungen Frauen führen wollen? 

Status Quo Frauen und Führung in Deutschland - Aktuelle Studien

Frauen machen mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung aus. In Deutschland sind 50,7 Prozent der Bevölkerung weiblich und 49,3 Prozent männlich. Schauen wir uns in den Chefetagen der Wirtschaft um, zeichnet sich ein ganz anderes Bild der Geschlechterverteilung ab. Gleichberechtigung und Teilhabe scheinen hier auf einmal Sendepause zu haben. Auch wenn viele Menschen meinen, Frauen und Männer seien doch längst gleichgestellt, zeigt sich genau hier die bittere Realität. Trotz jahrzehntelanger Debatten und vereinzelter Fortschritte bleibt die "gläserne Decke" für viele Frauen eine hartnäckige Barriere auf dem Weg nach oben. Die aktuellen Studien zeigen: In Deutschland ist der Weg zur Gleichstellung in Führungspositionen noch weit. 

Wir bringen die Fakten auf den Tisch und fassen dir alle Studien zum Thema Frauen in Führungspositionen auf den Punkt zusammen. Ob in der nächsten Gehaltsverhandlung oder in der nächsten Diskussion über die Frauenquote, so bist du bestens gewappnet, denn Fakten sprechen lauter als Worte.

  • Die harte Realität in Zahlen
    Frauen studieren heutzutage ebenso häufig und sind ebenso hochqualifiziert wie Männer. Trotzdem sind sie vor allem im Top-Management deutlich unterrepräsentiert. Der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst ist trotz Bundesgleichstellungsgesetz und trotz der Vereinbarung der Bundesregierung mit der Privatwirtschaft zur Chancengleichheit seit Jahren unverändert niedrig. Mit einem Anteil von lediglich 30,8% Frauen in allgemeinen Leitungspositionen liegt Deutschland unter dem EU-Durchschnitt von 32,5%. Besonders alarmierend: In Vorständen und Aufsichtsräten sind Frauen besonders stark unterrepräsentiert. Mit einem Anteil von 3 % auf der Vorstandsebene und 10% in den Aufsichtsräten. Diese Zahlen offenbaren, dass trotz Bundesgleichstellungsgesetz und Vereinbarungen mit der Privatwirtschaft der Anteil von Frauen in Führungspositionen seit Jahren stagniert. Oder um es mit den Worten des Rechtswissenschaftlers Christian Rolfs auszudrücken: „Es ist vor allem den Mitbestimmungsgesetzen zu verdanken, dass überhaupt eine noch nennenswerte Beteiligung von Frauen in den Aufsichtsräten vorliegt.”

 

  • Intersektionale Benachteiligung
    Was ist intersektionale Benachteiligung? Intersektionale Benachteiligung bezeichnet die Überschneidung mehrerer Diskriminierungsformen, wie z.B. Geschlecht, Hautfarbe, soziale Herkunft oder sexuelle Orientierung, die gemeinsam wirken und die Benachteiligung einer Person verstärken. Menschen, die von intersektionaler Benachteiligung betroffen sind, erleben daher oft komplexere und intensivere Formen von Ungleichheit. Das bestätigt sich, wenn wir den Blick auf den Anteil der Frauen mit Migrationshintergrund in Deutschlands Eliten richten. Sie machen gerade einmal 1,5% der Elitenpositionen aus - ein deutliches Zeichen für die mehrfache Benachteiligung, der diese Gruppe ausgesetzt ist und ein Zeichen dafür, dass Macht und Einfluss oft weißen Männern vorbehalten ist. Und wie sieht es in den Chefetagen aus? Von den ohnehin wenigen Frauen in Führungspositionen haben nur 6% einen Migrationshintergrund. Es ist also höchste Eisenbahn, dass Firmen beginnen sollten, ihre strategischen Entscheidungen durch eine intersektionale Linse zu begutachten.
  • Sektorale Unterschiede
    Die Verteilung von Frauen in Führungspositionen variiert stark je nach Branche. Während in Bereichen wie Justiz (34,4%), Zivilgesellschaft (32,7%), Politik (31,9%) und Verwaltung (29,3%) Frauen zumindest etwas häufiger in leitenden Positionen zu finden sind, sieht es in der Wirtschaft, im Sicherheitssektor und beim Militär düster aus. Hier liegt der Frauenanteil in Führungspositionen bei unter 10% - ein Indiz dafür, dass in diesen traditionell männlich dominierten Bereichen besonders große Hürden bestehen.

 

  • Barrieren und falsche Annahmen
    Die Gründe für die Unterrepräsentation von Frauen sind vielschichtig und komplex. So drücken Männer zwar oft ihre Wertschätzung gegenüber kompetenter Frauen aus. Das ist schon mal ein guter Meilenstein, der erreicht wurde. Allerdings bringt reine Wertschätzung doch keine Veränderung, wenn es um die Besetzung von Führungspositionen geht. Neben offenen Vorbehalten gibt es subtile Barrieren und falsche Annahmen, die Frauen den Aufstieg erschweren. Oft verspüren Frauen, den Druck mehr leisten zu müssen als ein Mann in derselben Position und dass sie sich ihren Platz in den “Männerdomänen” erst erkämpfen müssen. Ein weiteres Argument, das oft genannt wird, ist die vermeintliche Unvereinbarkeit von Familie und Karriere. Die Realität zeichnet jedoch ein anderes Bild: 56% der Frauen in Führungspositionen haben Kinder. Auch wird oft angenommen, dass Karriereunterbrechungen, um Kinder oder Familienangehörige zu pflegen, ein Hindernis darstellen. Auch das wird widerlegt: 44% der Frauen in Führungspositionen haben ihre Erwerbstätigkeit schon einmal unterbrochen. Frauen schrecken oft vor Karrieresprüngen zurück. Oft glauben sie, dass eine erfolgreiche Karriere schrittweise erfolgt. Auch das ist eine falsche Annahme. Eine Karriere muss nicht lineal verlaufen. Männer trauen sich öfter Karrieresprünge zu.

 

Die hier zusammengefasst Studien zeichnen ein komplexes Bild der Situation von Frauen in Führungspositionen in Deutschland. Trotz einiger Fortschritte bleibt die "gläserne Decke" eine Realität für viele Frauen, insbesondere für jene mit Migrationshintergrund. Die Frage ist also: Wie kann diese Situation verändert werden? 

Welche Lösungsansätze gibt es? 
In einer vom BMFSFJ veranlassten Studien gaben 71% der Männer und 74% der Frauen in Führungspositionen, dass sie überzeugt sind, dass der Frauenanteil in Führungspositionen nicht von alleine steigen wird. Was kann also getan werden, um Frauen in Führungspositionen zu bringen? 
Ein heiß diskutiertes Instrument ist die sogenannte Frauenquote. Die Frauenquote wurde im März 2015 vom Bundestag als “Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst” verabschiedet. Dieses Gesetz schreibt vor, dass mindestens 30 Prozent der Mitglieder in Aufsichtsräten von Unternehmen, die börsennotiert und mitbestimmungspflichtig sind, Frauen sein müssen. Heißt, wenn sich die Situation nicht von alleine verändert, muss die Politik eingreifen. Allerdings zeigen sich Unterschiede in der Akzeptanz von Lösungsansätzen: 42% der männlichen und nur 19% der weiblichen Führungspersonen der BMFSFJ Studie lehnen eine solche komplett Maßnahme ab.

Das Problem an der gesetzlich verankerten Frauenquote ist auch, dass es zwar den Zugang zu den Eliten für Frauen erleichtert, sie sich aber nicht auf Unternehmen bezieht, die eben nicht börsennotiert sind. In Deutschland sind 429 Unternehmen börsennotiert. Das bedeutet, dass die Mehrheit der Unternehmen gar nicht von der Frauenquote betroffen ist. Viele mittelständische Firmen, die das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden, fallen somit nicht unter diese Regelung. 

Fazit: Die Frauenquote wird kritisch bewertet und entfaltet ihre Wirkung nur in einem begrenzten Teil der Wirtschaft.

Und eine weitere Sache ist klar: Es braucht mehr als nur Maßnahmen seitens der Politik. Um eine nachhaltige Veränderung zu etablieren, ist ein tiefgreifender gesellschaftlicher Wandel notwendig, der traditionelle Rollenbilder und Geschlechterstereotype aufbricht. Dabei müssen wir intersektionale Lösungen und Perspektiven in den Vordergrund stellen, die die vielfältigen sozialen Realitäten von Frauen – insbesondere jener mit Migrationshintergrund und anderen Diskriminierungserfahrungen – berücksichtigen. Nur durch einen ganzheitlichen Ansatz, der Gesetzgebung, Unternehmenskultur und gesellschaftliches Bewusstsein gleichermaßen adressiert, können wir eine Arbeitswelt schaffen, in der Führung nicht vom Geschlecht, sondern von Kompetenz und Vision bestimmt wird. Dies ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Notwendigkeit für ein zukunftsfähiges Deutschland.

Die positiven Auswirkungen weiblicher Führung
Und jetzt kommt die allerbeste Nachricht: Es ist nicht nur gerechter, mehr Frauen in Führungsposition zu bringen, sondern hat auch noch eine handvoll wirtschaftliche Vorteile. In einer von der Internationalen Arbeitsorganisation durchgeführten Studie wurden mehr als 12.000 Unternehmen aus 70 Ländern befragt. Heraus kam, dass rund 57% der Unternehmen bestätigen, dass Geschlechtervielfalt die Business Performance verbessert. Die Gewinne der Unternehmen mit einem aktiven Monitoringsystem für Geschlechtervielfalt in ihren Führungspositionen konnten ihre Gewinne zwischen 5 bis 20% steigern. Und die Mehrheit der Unternehmen erzielte Zuwächse von 10 bis 15 Prozent. Darüber hinaus werden Verbesserungen in Bereichen wie Kreativität, Innovation und Außenwirkung des Unternehmens beobachtet. Und knapp 37% der Unternehmen gehen auch davon aus, dass sie aufgrund der Geschlechtervielfalt in ihrem Unternehmen die Bedürfnisse ihrer Kunden besser einschätzen können. Die Ergebnisse der ILO werden auch von anderen Studien gestützt. So bestätigen die Studien von McKinsey (2015, 2018, 2020), geschlechterdiverse Führungsteams ihre Mitbewerber regelmäßig outperformen.Die Studie analysiert aber auch den Einfluss von ethnischer Diversität auf den Unternehmenserfolg. Unternehmen mit hoher ethnischer Repräsentation haben eine 39 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, finanziell besser abzuschneiden.
 

Was macht geschlechterdiverse Führung aus? 
Eine Studie der KÖNIGSTEINER fand heraus: Beschäftigte mit weiblicher Führungskraft sind zufriedener! 
39% der Befragten gaben an, "sehr zufrieden" mit ihren weiblichen Vorgesetzten zu sein. Frauen in Führungspositionen werden als klarer kommunizierend und unterstützender wahrgenommen, was zu einem positiven Arbeitsumfeld beiträgt. So gaben 65% der Beschäftigten mit weiblicher Führungskraft an, dass sie vor allem die Kommunikationsart der weiblichen Führungskraft schätzen. Darüber hinaus lobten 59% ihren einen unterstützenden einfühlsamen Stil. 

Wir können festhalten: Es ist für alle – für die Mitarbeitenden, für die Unternehmens-Performance und die Gesellschaft – besser, wenn es eine höhere Geschlechtervielfalt und somit Geschlechtergerechtigkeit in Firmen gibt. Vielfalt in all ihren Formen bringt positive Veränderung. Allerdings bringt Veränderung oft zunächst Unbehagen mit sich, und viele Menschen neigen dazu, am Vertrauten festzuhalten. Nach all den Studien, die beweisen, dass wir mehr Vielfalt in den Chefetage brauchen, ist die Frage: Wie können wir uns von den alten Mustern lösen und den Blick nach vorne richten? 

Was ist die Lösung? Frauenquote? Migrant*innen-Quote? Ein Blick nach vorn

Es ist eindeutig, dass sich der Frauenanteil in der Führungsebene nicht einfach so von alleine erhöht. Die gläserne Decke ist zu undurchlässig und die Hürden sind zu groß. Die Frage ist: Was können wir tun? Wenn Unternehmen und Entscheidungsträger von alleine nichts verändern, muss die Politik einschreiten. Eine solche Maßnahme ist die Frauenquote. Sie wird heiß und viel diskutiert. Hat aber bereits Wirkung gezeigt. So ist seit der Verabschiedung des Gesetzes der Frauenanteil in Führungspositionen von 21,9% auf mittlerweile 32% gestiegen.

Ist eine gesetzlich vorgeschriebene Quote also die Lösung und sollte sie noch ausgeweitet werden? 

Das ist eine Frage, die uns in Zukunft noch beschäftigen wird. Viele empfinden die Quote als “ungerecht”. Es solle nicht nach Geschlecht, sondern nach Kompetenz rekrutiert werden. Und das wäre auch die Idealvorstellung, wenn wir in einer Welt leben würden, die nicht vom Patriarchat geprägt wäre. Solange sich aber innerhalb der Gesellschaft die tief verwurzelten Strukturen und Denkweisen nicht grundlegend ändern, braucht es Instrumente wie die Quote, um Chancengleichheit aktiv herzustellen. Die Quote ist somit als Übergangslösung zu verstehen, um den notwendigen Kulturwandel anzustoßen und zu beschleunigen.

Neben der Frauenquote wird mittlerweile auch über Quoten für andere unterrepräsentierte Gruppen diskutiert, etwa für Menschen mit Migrationshintergrund. Auch hier zeigt sich oft eine "gläserne Decke", die talentierte Personen am Aufstieg hindert. Eine Migrant*innen-Quote könnte helfen, die Vielfalt in Führungsetagen zu erhöhen und neue Perspektiven einzubringen. 

  1. Quoten allein werden jedoch nicht ausreichen, um echte Chancengleichheit zu schaffen. Es braucht einen ganzheitlichen Ansatz:
  2. Flexible Arbeitsmodelle, die die Vereinbarkeit von Familie und Karriere erleichtern
  3. Mentoring-Programme für Nachwuchstalente aus unterrepräsentierten Gruppen
  4. Schulungen zu unbewussten Vorurteilen für Personalverantwortliche
  5. Transparente Beförderungsprozesse und klare Karrierewege
  6. Eine inklusive Unternehmenskultur, die Vielfalt wertschätzt und fördert

Der Blick nach vorn muss also weit über Quoten hinausgehen. Ziel sollte eine Arbeitswelt sein, in der alle Menschen unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder anderen Merkmalen die gleichen Chancen haben, ihre Potenziale zu entfalten und in Führungspositionen aufzusteigen.


Es liegt an uns allen, diesen Wandel aktiv zu gestalten und voranzutreiben. Denn nur so können wir sicherstellen, dass in Zukunft nicht mehr gefragt wird "Who runs the world?", sondern dass wir gemeinsam, unabhängig von Geschlecht oder Herkunft, die Welt gestalten.
 

Kontakt: kontakt@mygeorgia-women.de                                                                                                                                                                     Impressum

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